in dubio pro reo

Vom saumadigen vorsitzenden Richter Dr. Maximus von- zu- & mit Mann vom Bezirksgericht Jura Basiliensis wurde ich zu einer Stellungnahme über meine kürzlichen, höchst verabscheuungswürdigen Taten am Arête spéciale am Raimeux und am Pfeiler in Balsthal aufgefordert.

Der Tatbestand ist ja erwiesen (ja, ich gebe die Taten zu und erhoffe damit eine Minderung des Strafmasses durch Kooperation) und daher die Faktenlage an sich recht kurz:
Arête spéciale: free solo onsight (ja, stimmt wirklich, diesem Objekt habe ich tatsächlich noch nie etwas angetan in meiner ganzen felskriminellen Karriere!) in 17 min 26:65 sec.
Pfeiler in Balsthal: free solo in 31 min. 16 sec.
In beiden Fällen habe ich mich hin- & davongeschlichen per Veloziped.

Zur Anklageschrift des Staatsanwaltes Dr. Basil Jurassier:

Er wirft mir, dem Angeklagten, in höchstem Masse niedere Beweggründe vor, zusammen mit der akuten Gefährdung Jugendlicher durch Nachahmung, Eitelkeit, generelle Verharmlosung von potentiell lebensbedrohenden Gefahren sowie Kaltblütigkeit, mit der ich die genannten Taten begangen habe. Im Speziellen am Arête Spéciale wirft er mir zudem vor, das Objekt ohne die geringste Warnung hinterhältig angeschlichen zu haben und in so kurzer Zeit bestiegen zu haben, dass es keine Chance auf angemessene Notwehr gehabt habe. Im Falle des Pfeilers von Balsthal anerkennt er mindestens meine hehre Absicht, das Objekt durch eine vorhergehende, eingehende Besichtigung vor meinen eigentlichen, kriminellen Absichten gewarnt zu haben.

20120505-233341.jpgDa ich meinen Pflichtverteidiger in den dunklen Canyon der Tannenfluh geschickt habe, halte ich das Plädoyer an dieser Stelle selber:
Die Anschuldigung der Nachahmergefahr Jugendlicher will ich nicht gelten lassen, waren es doch mitunter gerade die jungen Speedtäter Jonas, Severin und Janis, die mich, mindestens zum Teil, zu diesen Taten angestachelt haben. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass jene Tat am Arête spéciale von Jonas und Janis in leicht anderer Form, nämlich mit durchlaufendem Seil, mittlerweilen in noch kürzeren 12 min. 53 sec wiederholt wurde! Die Anschuldigung der Eitelkeit muss ich wohl, wenn auch ungern, akzeptieren, wogegen ich jene der Verharmlosung potentieller Gefahren weit von mir weise: die Art der seilfreien Besteigung (zu Englisch: „the art of free soloing“) praktiziere ich sporadisch schon seit über zehn Jahren in der Region Jura Basiliensis, weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Es ist dies ein Prozess, indem der Täter reift und somit das Risiko für Tatobjekt und Täter zugleich auf ein, mindestens aus meiner Sicht, vertretbares Mass reduziert. Es ist folglich nicht so, dass potentielle Täter einfach eines Morgens erwachen mit der Absicht eine derartig hinterhältige Tat zu begehen.
Ein Faktum, dem, aus meiner Sicht, der Staatsanwalt nicht genügend Beachtung beigemessen hat, ist die Tatsache, dass gerade für alternde Täter wie mich diese Form der Ganzkörper- & Geisttaten eine enorm wohltuende Wirkung auf die Physis sowie eine erlösende auf die anscheinend in Mitleidenschaft gezogene Psyche hat (ich habe schon Aussagen wie Midlife crisis gehört…) und zwar dadurch, dass nicht ein Niederringen des Opfers unter tagelanger Belagerung und masochistischer Schindung des eigenen Körpers nötig ist, sondern es eher die Wirkung eines gemütlichen, sonntäglichen Ausflugs, vergleichbar mit einem Nachmittag in der Badi, hat.
Bedingt durch die nachlassenden Kräfte werde ich wohl vermehrt nach Taten suchen müssen, die einerseits ebendiesem Umstand Rechnung tragen und aber andererseits Komponenten fördern die dem Alterungsprozess weit weniger unterliegen.

Aus all den oben genannten Gründen plädiere ich auf Freispruch für den Angeklagten (aufgrund von Unbelehrbarkeit…). Möge sich das Gericht nun zur Beratung zurückziehen und einen fairen Schuldspruch fällen.

Ein letztes Wort noch von mir, dem Angeklagten. Ich bitte gnädigst: in dubio pro reo.

4 thoughts on “in dubio pro reo”

  1. Schuldig! Nun zum Strafmass:
    Special: Die Zeit muss im Solo halbiert werden!
    Balsthalpfeiler: Unter 15min – ohne Seil!
    Balmfluh Südpfeiler: Unter 25min, kein Seil – Umgehungen im Wald sind nicht geduldet und werden mit Steinschlag gebüsst!

    Vollzug – UNBEDINGT

    Gezeichnet: Oberst im Generalstab Gessler

  2. Aus der Sicht der IG Klettern Basler Jura nehme ich wie folgt zur oben geschilderten Sachlage stellung:
    1: Zum Glück für den sich selber beschuldigenden Täter haben sich dessen Taten im Solothurner, resp Jurassischen Jura abgespielt und nicht im Basler Jura. Die IG erklärt sich daher als nicht zuständig für eine allfällige Be- oder gar Verurteilung!
    Urteil: Der sich selbst beschuldigende hat alle Spesen und Unkosten die sich durch, oder wegen seiner Aktivitäten ergaben selber zu tragen.

    2: Der Täter beschuldigt sich selber und kann für seine Taten nicht einmal Zeugen bringen.
    Urteil: Dem Täter wird verminderte Zurechnungsfähigkeit angerechnet denn ohne Zeugen solche Meldungen im Internet zu verbreiten zeugt von einer narzistischen Ader. Auch auf Grund der bekannten Persönlichkeitsstruktur des Täters muss mit einer eingeschränkten Zurechnungsfähigkeit gerechnet werden, denn wer sucht schon mittels einer Selbsanzeige Gnade beim Klettervolk? Der Täter ist durch seine psychische Struktur bereits selber im alltäglichen Leben derart eingeschränkt, dass sich eine zusätzliche Strafe kaum aufdrängt.

    3. Der Tat kann visionären Charakter nachgesagt werden.
    Urteil: Im Hinblick auf zukünftige Bewilligungsverfahren für Kletterrouten , resp. der dafür notwendigen Bohrhaken dürfte der Stil der durchgeführten und durch den sich selber anklagenden visonären Charakter haben. Er umgeht damit in eleganter weise grossen administrativen Aufwand. Dem Täter kann somit vorbildliches Verhalten unterstellt werden und könnte mit einem Ehrenpreis für herausragende Verdienste belohnt werden.
    4. Beleidigung des Klettervolks (homo climmcommunis).
    Der vergleich einer Solotour mit dem Aufenthalt in einer Badi und das mitgelieferte “Bild des Schreckens” ist zusätzlicher Beweis der Wahrnehmungsverzerrung.
    Urteil: Da hilft nichts, unser Rechtsverständnis muss hier kapitulieren. Der sich selber beschuldigende muss sein Leben weiterhin so gestalten wie er es kann.

  3. der Angeklagte hat mit seinem narzistischen Geständnis alle zweifel ausgräumt und kann daher nur schuldig sein.

    Der Missetäter wird zu lebenslangem Spotten in den Verliessen des B2 verurteilt.

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